Das Erbe

Die wahre Erbschaft bei einem Todesfall ist das geistige Erbe. Ruth Bader Ginsberg. Von deutschen Medien erst im Todesfall gefeiert! Der "You have to have it-Journalismus". Die große Richterin am US-Supreme Court. Die große Richterin am obersten Gerichtshof. Eine Ikone der Feministinnen. Medien ordnen sie einem politischen Flügel zu. Das Links setzen sie in Gänsefüße - weil man in Deutschland links von rechts nicht mehr zu unterscheiden vermag! Das soll das geistige Erbe für Feministinnen sein? Große Richterinnen, deren Namen man nicht richtig schreiben muss. Joan Ruth Bader Ginsberg starb am 18. September 2020. Sie ist die Alliierte des deutschen Feminismus. Sie stammte aus einem Arbeiterviertel in New York, vergleichbar mit den damaligen Bezirken Tiergarten oder Wedding von Berlin. Ihre Mutter stammte aus Polen, ihr Vater kam aus Odessa. Er betrieb einen kleinen Pelzhandel. Sie waren nicht über die Maße gebildet und deshalb legten sie großen Wert auf eine gute Ausbildung für ihre Tochter. Die Geschichte erinnert an die einstigen Gastarbeiter Berlins. Angeworben über die Konsulate kamen Arbeiter aus Jugoslawien, aus der Türkei, aus Italien. Joan Ruth Bader Ginsberg studierte in einer Zeit, in der Frauen keinen Stellenwert hatten. Sie studierte Jura in einer Zeit, in der Frauen dafür ausgelacht wurden. Sie besuchte die berühmte Columbia Universität, in Havard war sie eine junge Frau unter mehr als 500 jungen Männern. Sie war ein Leben unter harten Arbeitern gewohnt. Ihre Herkunft spielte keine Rolle. Sie war eine Frau. Ihre Hautfarbe spielte keine Rolle. Sie war eine Frau. Mich erinnert das an den Mauerfall. Akademikerinnen aus dem Osten; eine hat es an die Spitze gebracht. Die anderen blieben Ossis. Joan Ruth Bader Ginsberg ging ganz bewusst, unter schlechtesten Voraussetzungen, stigmatisiert, aus ungebildeten Verhältnissen, einen untypisch harten Weg. Sie war zierlich und klein. Für eine Frau, die damals Karriere machen wollte, nicht von Vorteil. Die süße Maus studiert Jura. Die GROßE Richterin, die große Ikone musste sich nach ihrem Studium von mittelmäßigen Anwälten sagen lassen, dass eine Frau in einer Anwaltskanzlei die Ehefrauen der Kollegen aufregen würde, was heute nur deren Mittelmaß belegt. Es gab nicht einmal Damentoiletten. Es gab also offenkundig auch wenig Klägerinnen? Joan Ruth Bader Ginsberg hatte nicht nur gute Freunde. Sie hatte einen Ehemann, der ebenfalls Jurist war. Er verstand sie also besser und unterstützte sie. Obgleich ihr Vater, selbst Handwerker, das Beste für seine Tochter wollte, war gesellschaftlich glasklar, dass die Ehe mit einem Tischler oder Schreiner ihre Karriere ruiniert hätte. In dieser Zeit hätte kein Mann eine intelligentere Ehefrau ertragen. Joan Ruth Bader Ginsberg riss Schranken nieder! Überqualifiziert übernahm sie einen scheinbar schlichten Berufungsfall. Ein einfacher Mann, der seine Mutter pflegte, erhielt keine steuerlichen Vorteile, weil er ein Mann war. Bei der Anhörung provozierten die Richter und verhöhnten die Juristin: "Womöglich sollen Männer Mütter pflegen und Frauen den Dienst an der Waffe antreten." Sie unterstellten, dass sie 1000 Jahre Menschheitsgeschichte umwerfen wollte. Und dann erzählte Joan Ruth Bader Ginsberg ihre eigene Geschichte. Sie erzählte nicht ihre Geschichte als Anwältin. Sie erzählte ihre Geschichte als Frau. Und was hat dieser Geist mit Deutschland gemein? Nichts! Rein gar nichts! Denn noch immer schämen sich Frauen, weil ihre Eltern aus Anatolien stammen. Noch immer schämen sich Frauen, weil sie in der DDR lebten. Noch immer schämen sich Frauen, weil ihre Eltern Handwerker oder Arbeiter sind. Noch immer erzählen Journalisten halbe Geschichten. Joan Ruth Bader Ginsberg hat den Geist der Amerikaner verändert und bereichert. Sie wollte nicht das System stürzen. Sie wollte den Präzedenzfall installieren; und sie hat gewonnen. Das ist toll.