Maskentagebuch

Ich finde es spannend, dass Carolin Emcke ein Corona-Tagebuch schreibt. Ich frage mich, ob sie zu jenen pedantisch ordentlichen Deutschen gehört, die jeden Tag ihre Masken auskochen, also abends, nach vollbrachter Arbeit, einen Kessel mit Wasser füllen, eine Schüssel bereitstellen, ein Lied von Alexandra summen, um ihre Masken auszukochen. Eine Waschmaschine wird man für eine Maske wohl kaum anwerfen. Heute sah ich einen Mann an einem Imbiss. Er, wie so viele Menschen, trugen eine Art umfunktionierte Unterhose vor dem Gesicht. Er zog die Maske zum Kinn, schnappte Luft, bestellte Imbissfood, nahm es entgegen und biss hungrig in sein eingerolltes Bestelltes. Eine Art Soße trat an seinen Mundwinkeln heraus. Mit Daumen und Zeigefinger zog er die Masse in den Mund. Mit dem kleinen Finger stocherte er in einer Zahnlücke herum, schnalzte dann mit der Zunge. Wahrscheinlich hat sich in der Lücke etwas Grünes festgesetzt. Wenig später schien er glücklich befreit, er atmete tief ein, versuchte ein Bäuerchen zu unterdrücken, indem er ein Doppelkinn simulierte; dann trank er erneut aus seiner Sprudelflasche und biss genüsslich in sein gerolltes Bestelltes. Nach dem Menü fuhr er mit der flachen Hand über seinen Mundbereich. Mit Daumen und Zeigefinger packte er einen Nasenflügel, den er kurz rieb. Seine Maske sah müde aus. Der Stoff hat einige Tage Staub und Schweiß und Bakterien und Großstadtteer gezogen. Glücklicherweise ereilte mich nie das Herpesvirus - mein Mund hätte sich augenblicklich in einen Blumenkohl verwandelt. Herr Söder wird sicher jeden Tag eine neue Maske in seinem Büro vorfinden? Welche Maske trägt eigentlich die Kanzlerin gerne? Immerhin sollte sie für Herrn zu Guttenberg Wirecard in China an den Start bringen. Da kann man natürlich nicht die Türen für eine Pandemie schließen. Skandalös sind Demonstrierende, die den Reichstag stürmen wollten, den sie nicht hätten stürmen müssen, da er uns bereits gehört. Politisch skandalös sind nicht etwa nur 3 Polizisten, die den Kern unserer Demokratie schützen müssen. Demonstrierende hielten den Corona-Sicherheitsabstand nicht ein, kamen aber nicht in Quarantäne. Ist die auch zu teuer? Vielleicht hatten jene Demonstranten keine Zeit ihre Masken auszukochen, um steril zu demonstrieren. Vielleicht wollten sie nicht als Bakterienschleudern diffamiert werden. Sie trugen beschämende Fahnen, die nicht sofort konfisziert wurden? Sie bekamen auch keine Anzeige? Masken hängen in Autos an den Spiegeln bereit, an den hochgestellten Armlehnen. Sie liegen in Handtaschen und Rucksäcken. Die Angst ist groß. Nicht die Angst vor Corona. Die Angst vor den Maßregelungen in Supermärkten. Die Angst vor jenen Menschen, die aus einer alten Unterhose eine Maske genäht haben. Hoffentlich wurden sie vorher wenigstens bei 30 Grad gewaschen.