Todesfall und Kommunikation

Trauernde können Bilanz ziehen - weil sie es müssen. Das Schöne in diesem Lebensfeld ist, dass mehr Fragen aufgeworfen werden, auf die es keine Antworten geben kann. Wie soll ein Hinterbliebener sein neues Leben beginnen? Nur Narren haben sofort eine Antwort parat. In Deutschland, da draußen im ach so lustigen Leben, läuft Kommunikation gründlich schief. Kommunikation ist nicht selten anmaßend. In meinem Beruf würde das etwa so klingen: Ein Kunde kündigt an, dass er den Sarg seines Verstorbenen in blauen Farben gestalten möchte. Ich erzähle dem Kunden dann ungefragt, dass viele, viele andere Familien ihren Sarg in roten Tönen gestaltet haben. Das manipulierende Denken kann sicher nicht in eine Vielfalt führen. Ich bin also gespannt, welche Blautöne wie auf den Sarg gebracht werden. Ich bin neugierig auf das nach außen transportierte Innenleben der Familien. Das Leben geht über Prozesse weiter. Es geht nie über Urteile derer weiter, die nicht (mehr) kommunizieren können: Gefällt mir nicht, gefällt mir, geht gar nicht, geht so, ICH hätte mehr grün genommen. Auf Instagram sprach kürzlich eine Mutter mit ihrer kleinen Tochter über eine Dragqueen, die sie beide auf der Straße sahen. Die Mutter stimmte einen samtig, pädagogisch wertvollen Ton an: "Sie sah toll aus, nicht?! Warum, meinst Du, tragen Männer Frauenkleider?" Die Tochter antwortete extrem herzig: "Weil sie sich dann vielleicht im Herzen zu Hause fühlen." Ich wunderte mich, denn die Mutter selbst hatte raspelkurze Haare. Bis Anfang der 1980er Jahre konnte sie jedermann auf der Straße als Mannweib begaffen und auch schief von der Seite ansprechen. Frauen mit kurzen Haaren konnten damals nur Lesben sein, weil sie mit Turnschuhen und Jeanshosen in die Öffentlichkeit gingen. Die Staatshexe war in dem Fall Alice Schwarzer, Anstifterin der skandalösen BH-Verbrennung. Hofnarren, wie Dieter Nuhr, gab es in vielen Ausfertigungen, zu jeder Zeit und für jede Veranstaltung, bei der Erbrochenes als Kommunikation verkauft wird. Diese Menschen können nicht kommunizieren; also machen sie sich über Themen lustig. Das ist nicht neu - trifft aber immer die wie Warzen Besprochenen auf der Straße. NICHTS und NIEMAND ist in diesem Land normal, richtig, echt, gar von Gottes Gnaden. Was würde ich ändern? Ich würde die Gesellschaft runterziehen - bis in die tiefsten Untiefen. Ich würde diese Gesellschaft an einen der dunkelsten Orte führen, bis sie schreit und weint, weil Facebook und TikTok so fehlen. Auf dem Weg in die schlimmste Finsternis würde ich diese Gesellschaft daran erinnern müssen, dass sie atmen kann, dass das NICHTS nichts mit ihnen anrichten kann, dass alle Befürchtungen nur die eigenen dummen Schlechtigkeiten sind. Ich würde die Gesellschaft lange in der Dunkelheit anbinden, bis sie Kontemplation spüren kann. Erst dann…würde ich die Fesseln lösen und jeden einzelnen Menschen, wie eine Sternschnuppe, ins Leben katapultieren. Nach dieser Erfahrung wäre, meines Erachtens, eine sinnige und aufgeräumte Kommunikation möglich.