Sachlichkeit regt das Denken an

Ich würde dem Handelsblatt einen Preis für guten Journalismus überreichen. In einer Krisenzeit, in der viele Menschen weltweit sterben, hat das Handelsblatt die Nerven behalten. Sachliche Informationen regen immer zum Denken an - und viele Menschen denken anders, denken aus vielen Perspektiven. Der sich aufblasende Meinungsjournalismus ist im Grunde kein Journalismus mehr. Dunja Hayali ist mir peinlich, weil sie für Frauen im Staatsfunk, an höchstmöglicher Position steht; und die natürlich, selbstredend, völlig klar zu überqualifiziert wäre Choupette Lagerfeld zu portraitieren, denn schließlich hat sie den "Job". Das reicht aus, um zwischen Hund und wichtig tätowierter Wade auf Twitter "Jeder Vierte" zu posten, was meint: Jeder Vierte in Deutschland ist Antisemit. Ganz einfach! Fertig Hause geh'n! Natürlich geht das in einer Zeit unter, in der Bundespräsident Steinmeier, wohlgemerkt nicht 13 Jahre alt, zu einer Internetaktion #Lichtfenster aufruft. Mit dieser staatlichen Aktion will er zum Gedenken an die Corona-Toten einladen. Ein gestandener Mann hätte die renommiertesten Künstler Europas eingeladen, um Monumente zu bauen - für jene Toten, die die Regierung zu verantworten hat. Herr Solms von der FDP hat einen klaren Standpunkt. Da braucht es nicht die Meinung eines Journalisten, der Bürgern und Politikern deshalb seine eigene Meinung aufdrücken möchte, weil er es bis in die Hallen großer Printmedien geschafft hat. Das führt nur dazu, dass er mit unsinnig einfältigen Titeln unterwältigt: >Tote zählen.< Während nur er selbst Tote zählt, muss man nach 12 Monaten klar erkennen, dass eine Regierung, die im Laufe einer Pandemie, eines Krieges, einer tödlichen Krise, also nicht zu Beginn der Forschung, zu wenig Impfstoffe bestellt, wohl kaum erfolgreich zu nennen ist, zumal dieser Apparat größer und größer und größer zu werden scheint. Wenn Journalisten Meinungen haben, die heiligen Hallen der Göttlichen als adäquat privates Tagebuch identifizieren, dann müssen sie wissen, dass sie Menschen mit zwei Maßstäben werden. Damit zerfällt exquisiter Journalismus. Klar ist, dass Herr Solms von der FDP stets sortiert und übersichtlich auftrat. Dank eines handwerklich undichten Journalisten gehört Herr Solms, da kritisch, zwangsläufig bald zu den Reichsbürgern. Am Ende sind es Eigenläufer aus dem Journalismus - sich selbst aufspaltend - die sagen: "Machs mit, mach's nach, mach's nie besser!" Das Handelsblatt hat bewiesen, dass man selbst über Donald Trump sachlich und neutral berichten kann. Souverän haben Journalisten über die politische, die gesellschaftliche und die wirtschaftliche Bewegung berichtet. Das setzt demokratische Maßstäbe. Menschen lernen das Lesen, das räumliche Denken, das demokratische Sprechen. >Tote zählen<. Wer kommt auf so einen dämlichen Titel? Das ist Menschenverachtung in der Blase, die Leser nicht mehr einkalkuliert!