Der Demokrat und der Tod

Mit dem heutigen Tag sind in ganz Deutschland 18 517 Menschen durch/an Corona gestorben. Die Medien überschlagen sich mit Meldungen. Fallzahlen, Statistiken, Impfstoffe, teure Tests, billige Tests, gestiegene Infektionen. Lockdowns, Shutdowns, Verhandlungen über Finanzhilfen. Die Kanzlerin sagt: "Wir können Corona-Hilfen nicht endlos fortsetzen." Das meint, dass sie bald viele Künstler und Geschäftsleute von Bord werfen muss. Im Mittelmeer sind bis zum heutigen Tag 21 000 Menschen gestorben. Tod durch ertrinken. Der Tod durch Flucht scheint dem Wunsch des selbstbestimmten Sterbens zu gleichen. Die Medien sind durch mit dem Thema. Ein Krampf in der Wade, beim künftig fröhlichen Bad im Mittelmeer, macht aus den heutigen "Sterbebegleitern" hoffentlich Baywatch-Retter. Ich befürchte eher gegenteilige Reflexe: "Ach, das war ein Tourist, kein Geflüchteter?" Medien und Experten wundern sich über den Amokfahrer in Trier. Sie wollen alles über den Täter wissen. Die 5 Toten spielen keine Rolle. Eine Gesellschaft züchtet Täter, um sich dann über Täter zu wundern? Das erinnert mich an das Mantra jener Menschen, die Deutschland zum reichsten Land erklären, um dann Reiche abzulehnen. Erst die guten Manieren machen uns zu Menschen. Woher kommen dann aber die Täter? Egal. In 2 Jahren schon können geimpfte Damen und Herren an den Mittelmeerküsten ins Wasser springen, die wohlige Rückenlage einnehmen und sich mit paddelnden Füßchen gen Horizont ziehen. Dank ihrer guten Manieren werden sie einen Schuh, den nur ein Flegel ins Mittelmeer werfen kann, an den Strand bringen und entsorgen - strikt nach EU-Vorschrift. >>Trier trauert - und rätselt über das Motiv<< titelt der Tagesspiegel. Wahllose Angriffe auf Menschen mit 4 Buchstaben? Wütend, rasend passt nicht. Amok passt! Wütend und wahllos. Das könnte auch ein Shitstorm sein, eine Lawine oder ein Steinschlag an der Amalfiküste. Amokfahrer und Attentäter sind keine Flegel. Sie haben keine schlechten Manieren. Sie sind psychisch krank. Den Ferndiagnosen vieler Politiker und Journalisten sei Dank, denn wir sind gesund. Die Toten im Mittelmeer? Die Coronatoten? Die sind am Ende selbst schuld: "Wir sind nicht zuständig." Heute war ich Gast der Süddeutschen Zeitung in der Akademie für politische Bildung. Das Thema in der Werkstatt Demokratie: >Wie gelingt gutes Regieren?< Sind das erste Anzeichen für journalistisch revolutionäre Umgestalter? Will die Süddeutsche etwa die sensationell ikonische - die GROßE Politik im Lande anzweifeln? Fehlanzeige. Keine Aluhüte, keine aggressiven Gäste, keine überdrehten Moderatoren. Alles Demokraten, die sich in ihrer freien Zeit Gedanken machen. Zu spüren war eine Traurigkeit. Hat diese Gesellschaftsform einen lustvollen Spaß am Tod? Könnte das der Grund dafür sein, dass Demokratie keinen Spaß machen darf?