Eine neue Gangart

Berliner Politiker könnten von Hinterbliebenen jede Menge lernen. Sie beschreiten nicht unbedingt neue Wege. Ein Trauernder befindet sich nicht plötzlich in Disneyland, weil ein Teil seines Lebens beerdigt wird. Der Friedhofsweg, den er beschreiten muss, bleibt vernachlässigt ungepflegt. Das spricht nicht für eine berliner Politik. Ein Hinterbliebener muss eine neue Haltung einnehmen. Seine eigene Gangart ändert sich zwangsläufig, auch dann, wenn er noch eine Weile Zweisamkeit simulieren kann. Der AB wird nicht sofort gelöscht. Die Kleidung wird nicht sofort aus dem Schrank geräumt. Ein Hausstand halbiert sich nicht plötzlich. Die gesamte Administration wird verändert. Aus dem Ehepartner wird ein Witwer. Aus dem Kind wird eine Waise. Aus Eltern werden kinderlose Paare. Die Steuersätze verändern sich. Das Kindergeld wird gestrichen. Die gemeinsame Firma wird buchhalterisch geschlossen und bilanziert. Kinder und Studenten werden abgemeldet. Ihre Plätze werden urkundlich gestrichen. Ein Witwer muss den Kosmetiksalon seiner Gattin wahrscheinlich schließen. Eine Witwe muss wahrscheinlich das Bauunternehmen ihres Gatten schließen. Eventuell beißen sich beide durch. Vollwaisen kommen in ein Heim, im hübschen Rüschenkleid Pflegeeinrichtung genannt. Sind Wohnungssuchende generell ein politisches Merkmal der Linken? Oder sind die Suchenden radikal und stramm rechte Einwanderer aus München, die in Berlin, als Linke verkleidet, nur billig wohnen wollen? Auch vor Corona fand kein Hinterbliebener auch nur einen einzigen Kugelschreiber im Foyer eines berliner Rathauses. Ist es links, wenn reiche Politiker, also nicht die Polizei, Diebstahl vor einem tatsächlichen Diebstahl aufdecken? Immerhin liefen und laufen verkleidete Gerichtsklagen, die, bereits vor der Gründung möglicher Shishabars, Shishabars aus Häusern klagen wollen. Sind die absurdesten Zigarettenklagen ein Merkmal der politischen Rechten? Anfang Januar ging ich in einen kreuzberger Späti. Eine Britin stand vor mir an der Kasse. Sie sprach über die Sylvesternacht, bestellte Tabak und Blättchen: "Man (!) weiß, wer das war! Man konnte sehen, wer da auf der Straße war." Ich fragte sie: "Wen haben SIE gesehen?" Sie erklärte pampig: "Ich bin keine Rassistin - aber es (!) ging zu weit." Nun stand sie nicht im Haus am Eaton Place. Sie bestellte ihren Tabak auch nicht im Ballermann. Sie stand in einem kreuzberger Späti. Ist der Terminus man-weiß-wer-da-stand politisch - rechts, grün, links? Eine Gangart ist es keinesfalls. Wankelmut beschreibt ebenfalls keine berliner Haltung. Die neue SPD rudert und wedelt seit Jahren gerne mit der Regenbogenfahne herum. Sie will ihren Grauschleier vertuschen - und grau ist weit entfernt von rot. Eine neue Kolonialherrschaft kristallisiert sich klar heraus. Das wäre eine Haltung! Eine, die nicht gefallen möchte, die nicht mehr heucheln möchte, die ausbeuten möchte, die Klassen erkennen möchte, die auch unterdrücken möchte. Das Gönnerhafte strahlt überhaupt erst, wenn man einen indischen Knecht bastelt. Er muss das kleinste Trinkgeld groß finden, wenn er das Essen mit dem Fahrrad bringt. Im "eigenen" Haus, das in Teilen einer Bank gehört, darf er nicht wohnen. Womöglich landen Essensreste im Grundwasser, weil ihm eine Fettabscheidemaschine fehlt. Das feuchte Klopapier und die ollen Tampons im Abwasser sind deutsche Kultur. Der Gestank im Fahrstuhl muss nicht mit Curry angereichert werden. Wir sind in Berlin - aber wir sind hier nicht mehr in Berlin. Wo ist eine Mobbildung, hübsch verkleidet, stets Kinder vorschiebend, politisch beheimatet? Ich frage deshalb, weil Journalisten, akademisch gebildet, Berlin noch immer links verorten. Klar, auch Capri lebt durch künstliche Beatmung. Im Geiste gleiten dort ausschließlich Gondeln - gemütlich traditionell - durch die Grotta Azzurra. Berlin ist nicht erst seit gestern eine Hauptstadt! Die Alliierten sind abgezogen. Die Berlinzulage gibt es nicht mehr. Deutsche Politiker haben bis heute keine politische Haltung eingenommen! Können wir in irgendeiner Form helfen? Ich frage deshalb nach vielen Jahren vorsichtig nach, weil Trauernde politisch gehetzt und genötigt werden!