Lamorte

30 Jahre nach der Matura treffen sich zwölf ehemalige Schulfreundinnen. Die wohlhabende und erfolgreiche Iris lädt die anderen über ein Wochenende in einen noblen Gasthof auf dem Land ein. Die 12 Freundinnen begegnen sich quasi erwachsen und neu. Sie erzählen und sie graben alte Geschichten aus. Jede Frau ist zufrieden und erfolgreich. Sie alle scheinen ein gutes, ein wunderbares Leben zu führen. Sie machen Spaziergänge und genießen die Einladung. Iris wartet bis zum festlichen Abendessen. Es ist kein belangloses Essen. Ein wenig erinnert die Atmosphäre an das Abendmahl, jenes Mahl, das Jesus Christus mit den zwölf Aposteln zur Zeit des Pessachfestes vor seinem Kreuzestod in Jerusalem feierte. Die resolut kernige Iris teilt ihren entwachsenen Freundinnen mit, dass sie todkrank ist. Stark und distinguiert offenbart sie ihren letzten Wunsch. Sie möchte ihr Leben im Kreise ihrer Freundinnen selbst beenden. Die Damen der Gesellschaft sind schockiert. Susa, die gefeierte Opernsängerin, schwankt; sie kämpft mit ihren Alkoholproblemen. Mona ist erschüttert, dass sie Sterbebegleiterin werden soll, sie will abreisen. Fritzi ist düpiert über so einen Wunsch - nach so langer Zeit…Nicole Heesters spielt die Iris wie eine autoritäre Bittstellerin, die mit gefüllter Größe, nicht mit einem Wunsch, ihre Freundinnen zu verletzen scheint. Nach und nach fallen die Schals der Damen. Nach und nach werden sie jene Apostel, die ihre Schutzschilder, ihre Blendwerke ablegen. Senta Berger spielt die gescheiterte Opernsängerin Susa mit jenem Bergerhumor, den sie stets aus Tragödien schält. Christiane Hörbiger zügelt die Mona und sie beherrscht die Kunst der feinsten Stiche, wie die Grande Dame, die sie tatsächlich ist. Am Ende muss auch sie die Nadeln ablegen. Der Film Lamorte zeigt nicht den Tod einer Frau, die den Freitod wählt. Dieser Film zeigt das Können durch Lebenserfahrung. Er zeigt, dass menschliche Fassaden aus Styropor gemacht sind, die keine Wärme nach draußen lassen. Es ist ein großartiger Frauenfilm, in dem unterschiedlich starke Charaktere am Ende einen Auftrag erfüllen. Hubertus Heil von der SPD hat mich an diesen Film erinnert. Er möchte mit seinen HartzIV Reformen Menschen hinter eine betäubende Wärmedämmung bringen. Keine Wärme wird nach draußen gelangen. Ich glaube, dass auch arme Menschen Helden sind. In der Krise sammelt man Lebenserfahrung; als gut bezahlter Sanitäter, als Apothekenfahrer, als Helfer in der Notaufnahme, als Helfer bei der Feuerwehr, als Sterbebegleiter, der ein Lied singt. Hubertus Heil klingt wie ein unausgebildeter Finanzdienstleister der 90er Jahre.