Die Lehre aus der Leere

Eine Leere nach einem Todesfall, nach einer Trennung, nach einem Abschied sollte man möglichst nicht füllen. Viele große Denker haben sich damit beschäftigt. Nun denkt der Denker, was denkt die Bestatterin dann noch. Weil sie nicht bis zu einem Ende gedacht haben; und das ist heute enorm wichtig. Es ist vor allem wichtig für Kinder und Jugendliche, die, auf vielfältigste Art und Weise Trennungskinder sind; durch Scheidung der Eltern, durch den Tod eines Bruders, einer Schwester, einer Mutter, eines Vaters, eines wichtigen Freundes. Sie leben nicht selten (ab)getrennt von der Gesellschaft, weil sie sich abgetrennt fühlen. Es ist ein reales Gefühl. Enorm dumme Menschen meinen: "Na, dann muss er/sie eben seine/ihre Gefühle ändern." Defizite entstehen, wenn etwas fehlt. Etwas entspricht nicht der Normalität. Ein Elternteil fehlt. Eine richtige Hautfarbe fehlt. Ein Freund fehlt. Geld fehlt. Bildung fehlt. Ein Auge fehlt. Das richtige Körpergewicht fehlt. Um die im Raum stehende Frage korrekt zu beantworten. Normalität ist das was eine Gruppe von Menschen, die sich einig ist, täglich sehen möchte. Das Defizitäre stört diese Gruppe. Ein armer Mensch wird auf Dauer niemals in einer Gruppe von reichen Menschen, die Reichtum ganz normal finden, leben können. Die Defizite sind auf Dauer zu groß. Ein überaus gebildeter Mensch wird niemals einen ungebildeten Menschen suchen, weil er Ungebildete nicht normal findet. Schließlich würde der Gebildete die Defizite eines Ungebildeten schmerzhaft aufreißen. Das begründet die These, dass Bildung ohne Herzensbildung keinen Wert hat. Ein unglücklich depressiver Mensch wird niemals lange in einer Gruppe leben können, in der Menschen vor Glück strotzen. Sie strotzen vor Glück, weil sie nicht die Psychologen mimen. Das Kernproblem liegt immer in einem Defizit-Gefühl. Viele junge Frauen decken Defizite scheinbar selbstbewusst auf. Sie finden sich oft zu dick, nicht selten zu ungebildet. Manchmal beschreiben sie sich wie eine Mangelware. Tatsächlich laufen unglaublich viele Menschen in eine Leere hinein. Sie betrachten die Leere nicht von außen. Sie ergründen die Leere nicht. Sie wollen diese Leere füllen und das produziert ein ständiges Defizit. Aus jungen Menschen, die nicht aus der Leere herausfinden, werden alte Menschen, die die Leere kultiviert haben. Sie verkünden, dass sie nie zu einer normalen Gesellschaft gehören wollten. Die Eheschließung von Anne Will und Frau Prof. Miriam Meckel zum Beispiel habe ich quasi nicht verstanden. Beide tragen ständig diese dicken Ringe, die verkünden: "Ich heirate mich täglich im großen Stil selbst." Beide führen diese extravaganten Singleleben in Metropolen. Offenkundig produzieren sich beide auch gerne selbst. Frau Prof. Meckel schrieb das Buch >Brief an mein Leben<. Frau Will botoxt sich. Ihre Beziehung wollten sie allerdings nie wirklich öffentlich erzählen. Die Hochzeit fand im engsten Kreis der Familie statt. Keine Tauben. Keine Kutsche. Keine Schleppe. Zwei Heliumballons. Das beschreibt eine Leere, die kultiviert wird. Selbstverständlich würden beide Frauen ihren zutiefst freien und emanzipierten Willen betonen. Die 12 Beziehungsjahre vor der Ehe haben sie einvernehmlich verschwiegen - völlig angstfrei. Sicher begründeten die Defizite, die zur Scheidung führten, keine Welten. Vielleicht war Frau Professor Meckel ein wenig zu intelligent. Vielleicht wurde sie von der Karnevalsgesellschaft, the Hood von Frau Will, abgelehnt. Beide wurden aber genau von den Medien als glamouröses Vorzeigepaar betiltelt. Sie wurden, ohne jeden Beweis, als Power-Paar beschrieben. Medien haben sie lange und ausdauernd mit ihren eigenen Titeln dekoriert, um eine Leere zu füllen. Schließlich weiß niemand um den genauen Inhalt der Beziehung. Man sollte eine Leere unverändert lassen. Man sollte sie beobachten. Man kann den Grund für eine Leere suchen. Entstand sie durch einen Todesfall, eine Trennung, eine Scheidung? Eine Leere bedeutet vorrangig, dass alles möglich ist. Sie beflügelt echte Phantasie; und die Trauer verwandelt sich. Ein Defizit verliert zerstörerische Aspekte.