Die ZEIT heilt alle Wunden?

Die deutsche Kultur (alles zuckt zusammen) besagt, dass man erst weiß was man an einem Menschen hatte, wenn man ihn verloren hat. Es stimmt. Und doch ist es ziemlich schade. Daran müssen Menschen dringend arbeiten. Zur deutschen Kultur gehört natürlich auch die Demokratie; Frauen dürfen an den Spitzen der Politik stehen. Frauen dürfen schreiben; sie dürfen sogar für die ZEIT schreiben. Manche Frauen leiten sogar eine Redaktion. Die strengen Leitmedien haben sich geöffnet. Die ZEIT hat einen Campus. Man kann Worte finden, um zu beschreiben, was das für Frauen bedeutet. Ich lese also einen Artikel über eine Stadt in Mexiko. "Die Töchter des Matriarchats." Eine Frau, eine Autorin schreibt: >>…Sie tragen bunt bestickte Blusen und knöchellange Röcke, ihre Haare haben sie zu dicken Zöpfen geflochten und mit bunten Blumen und Bändern gekrönt. Sie sehen aus wie ein halbes Dutzend Frida Kahlos.<< Sie ist nicht rassistisch! Sie ist faul und undankbar. Der weitere Verlauf ihres Textes unterbietet die Zeitschrift Gala weit. Inmitten eines Landes, das durch Korrupte, durch Drogenkartelle und Kriminalität ins Chaos gestürzt wird, findet sich ein Paradies, das eine deutsche Frau bereisen darf. In diesem Paradies führen Frauen die Geschäfte, haben Frauen das Sagen, werden Mädchen bevorzugt und Jungen müssen eben warten, weil die weiblichen Nachkommen zählen. Diese deutsche Autorin kann keinen politischen Bogen spannen, keinen kulturellen Bogen spannen. Sie kann nicht einmal beschreiben, wie sich dieser Ort für sie anfühlt. Sie wartet, bis sie es endlich verloren hat - das Recht, schreiben zu dürfen. Erst dann wird sie wissen, was sie zerstören musste. Erst dann wird sie wissen, wie viel sie hatte. Wahrscheinlich hat man dieser deutschen Frau Flüge und Hotels bezahlt. Es ist so ärgerlich, weil Talente in diesem Land schreiben. Es sind Frauen, die nie eine Stimme bei der ZEIT bekommen werden. Es sind Frauen, die so viele Umwege gehen mussten, immer warten mussten, immer geduldig sein mussten, immer einstecken mussten. Die Autorin, die bei der ZEIT einen Artikel über ein Paradies versauen durfte, spuckt all diesen Frauen ins Gesicht, in dem sie ein halbes Dutzend Frida Kahlos sieht - und das auch noch online geht.