Moral darf alles!

In Deutschland werden Trinker und Kiffer beworben und belächelt. Raucher werden demonisiert. Vielleicht werden Frauen demonisiert? Schließlich bleiben Zigaretten Teil der Emanzipation. Noch bei den Nazis hieß es: "Eine deutsche Frau raucht nicht!" Marlene Dietrich war ein Skandal, weil sie nicht nur gerne Herrenanzüge trug. Sie steckte sich - öffentlich - eine glimmende Zigarette in den Mundwinkel. Noch in den 1920er Jahren rauchten Frauen eher heimlich. Lisa Eckhart raucht. Die Freiheit ist wieder anstrengend geworden. Alleinstehende Frauen dürfen saufen und auf ihren Balkonen über Flaschen stolpern. Rauchen dürfen sie nicht. Beworben wird die gesunde Frau, also die nationale Gebärmaschine. Die heutige Propaganda läuft vor allem über Google. Das mit dem Ranking haben Europäer noch immer nicht wirklich verstanden. Natürlich soll Cannabis legalisiert werden. Die Krebsrate steigt. Kiffende Sterbende, auch Frauen, werden schon seit Jahren auf eine "coole" Finalstrecke geschickt. Obgleich der Alkoholkonsum in der Corona-Zeit, vor allem bei Frauen, drastisch gestiegen ist, sieht die alternative Medizin keine saufenden Sterbenden vor. Das muss bei der Werbetrommel verwundern. Morphium gehört zu der Gruppe der stark wirkenden Opioide und ist als Schmerzmittel bei starken und stärksten Schmerzen zugelassen. Warum verabreichen Mediziner nicht reinstes Heroin als Schmerzmittel? Es ist ein sogenanntes stark analgetisches Opioid? Ich persönlich möchte, dass mir ein Mediziner reinstes Heroin verabreicht, sollte ich auf meiner Finalstrecke starke Schmerzen haben. Als Bestatterin darf ich so offen darüber schreiben, weil es Themen sind, die in meinem Geschäft besprochen werden. Darf eine krebskranke Frau, mit natürlichem Schamgefühl, ihr Toupet auf meiner privaten Geschäftsterrasse abnehmen und kiffen, wenn sie Schmerzen hat? Hat zum Beispiel eine Alkoholkonsumentin, die Rauchverbote nur noch lallen könnte, das Recht deshalb auf ihrer Seite, weil Alkohol zur propagierten deutschen Kultur gehört? Noch ein Wein'chen?! Komm. Eine Flasche entkorken wir noch! Ich glaube, dass in meinem Geschäft die Trinkerin stört! Ich bin nämlich keine Künstlerin! Ich bin Bestatterin! Vielleicht ist die Documenta deshalb geplatzt, weil der Alkoholkonsum der Macher gestiegen ist? Oder aber ist der Alkoholkonsum der Kritiker dramatisch angestiegen? Ich persönlich finde das Streitbild unästhetisch. Die Betrachtungsweise der Medien belegt, dass Moral alles darf! Das finde ich dumm. Am Wochenende habe ich eine Seebestattung begleitet. Ich brachte die Urne zur Ostsee. Insgesamt vier Gäste gingen an Bord einer schönen weißen Yacht. Der Kapitän fuhr uns in die 3 Meilen-Zone. Die Möwen flogen tief, die Wellen klatschten an die Yacht, die Sonne schien grell, die Wolken strahlten weiß und bauschten sich auf. Die Hinterbliebenen wankten an Deck. Der Kaffee schwappte, Haare und Worte verwehten im Wind. Kein Mensch kann bestreiten, dass die Natur die größten Kunstwerke der Erde zeigt. Kunst darf alles! Eine moralische Bewertung machte aus dem Wind ein pietätloses Wesen, das Haare von Trauernden verwühlt, forderte die Ostsee zum Stillstand, unterstellte der Möwe: "Das macht sie nur, um uns zu schikanieren!" Eventuell trinken die Macher der Documenta viel Alkohol. Vielleicht sollten sie rauchen. Sie nutzten das Bild eines Künstlers, das ich unästhetisch finde, weil sie, wie Trinker, nur noch auf grobe Symbole reagieren. Die FAZ titelt mit einer enthemmt besoffenen Lust: "Die Judensau von Kassel!" Endlich kann dieser Satz gedruckt werden. Die FAZ atmet förmlich auf. Das Wort Judensau hat man in der Öffentlichkeit vermisst. UND endlich gibt die Documenta den Startschuss für den Druck. Die Moral darf alles. Sie darf auch das Wort Judensau drucken. Quartalssäufer und Quartalssäuferinnen glauben ernsthaft daran, dass dieses Wort einen Platz bei den Guten hat. Die Künstler, die dieses Bild gemalt haben, waren nur Diener, Werkzeuge, keine freien Künstler also.