SIE träumen von seinem Tod

Aus diesem Satz werden keine demokratischen Träume gemacht. Aus diesem Satz werden Täter und Mörder gemacht. Ein verschrullter Verfolgungswahn paart sich stets mit Größenwahn, findet seinen Weg in den SPIEGEL, landet in den Köpfen vieler Leser, die willenlos übernehmen. Bei mir landet der Satz in der Mülltonne. Wer sind SIE? "Putins Tod ist in den letzten Monaten zu einer eigenständigen Fantasie geworden. Fast jeden Tag höre ich Menschen aus allen Gesellschaftsschichten, aus dem ganzen Land und der ganzen Welt, die sagen, dass sie für Putins Tod beten." Ich nicht! Meine Elterngeneration war zu intelligent für diese Art von Kolumnen. Der Schreiber hört jeden Tag Menschen aus allen Gesellschaftsschichten, aus dem ganzen Land und der ganzen Welt. Er klingt wie jener Anwalt, der einem Gericht schreibt: "Ein Sonntag! Die Beklagte hat mehrfach auf dem Balkon an diesem Tag geraucht und Räucherstäbchen abbrennen lassen ohne anwesend zu sein!" Er übernimmt nur das Geständnis seiner Mandantin, wie ein williger Leser, der jene Kolumne aus dem Spiegel übernimmt. Beide, der Kolumnist und der Rechtsanwalt, offenbaren ihre Wahrheit, die hinter jeder Geschichte schlummert. Ein zeitgemäßer Mangel an Tiefgang überliefert sich. Die Bevölkerung bleibt am Ende intelligent zurück. Viele Menschen wünschen Putin den Tod. Eine Beklagte raucht und räuchert in ihrer Abwesenheit auf ihrem Balkon. Wie viele Menschen genau wünschen Putin warum nun genau den Tod? Wie viele Zigaretten raucht eine Beklagte sonntags in ihrer Abwesenheit nun genau auf ihrem Balkon? Kein Demokrat in diesem Land interessiert sich für sinnfreie Pamphlete dieser Art. Das Volk, stets herablassend als Haufen betrachtet, hat einen großen Abstand genommen. Es ist nicht mehr ungebildet genug. Es resoniert diese fremden Fantasien nicht mehr automatisch als eigenes Gedankengut. Medienmacher haben nicht begriffen, dass das Volk lesen kann. Sie haben auf Richard Exner gehört: "Ihr müsst erst einmal das Lesen lernen." Der demokratische SPIEGEL lässt schreiben: "Viele Menschen wünschen sich den Tod des russischen Präsidenten." Ein Russe muss es schreiben! Er darf kein Schreiber aus irgendeinem Volk sein. Es muss ein ehemaliger Chefredakteur… von der Doschd sein. Er muss den Bestseller >>Endspiel<< vorweisen können. Es muss hart sein, wenn SPIEGEL-Fechter lange, lange, lange studiert haben, um dann in einem Blockbuster für Arme zu verkleben. TOP GUN sprengt, mit Tom Cruise, an dem der Zahn der Zeit nur leicht nagte, jedes >>Endspiel<<. Sexy Air traffic controller lotsen sexy Piloten in der Abendsonne auf die Startbahn. Abzeichen auf Fliegeruniformen blitzen stylish zu der Musik von Hans Zimmer, der jung und zeitlos blieb. Ziel ist natürlich - wer wäre je darauf gekommen - Russland. Natürlich würde Maverick nie sagen: "Viele Menschen wünschen dem russischen Präsidenten den Tod - und nun flieg ich mal los!" Es geht um den Sound des Krieges. Mit dem Dröhnen der Turbinen verändert sich der Herzschlag des Zuschauers. Der mögliche Tod des Fliegerkameraden wird pathetisch umschrieben. Der Jet, den nur Maverick perfekt fliegen kann, heisst Darkstar. Jeder Satz ist platziert. Jede Flüssigkeit in den Augen ist dosiert. Jeder Muskel wird mit der Pilotenbrille abgestimmt. Der Antiheld wird mit der schönen Heldin in die Wolken geschickt. Die sexy Beerdigung des Admiral, Tom "Iceman" Kazansky, lebt durch US-Fahnen, die, perfekt gestärkt und gebügelt, ins Dreieck gelegt werden, sprüht durch blanke US-Abzeichen, die Maverick mit bloßer Hand in den Sargdeckel schlägt, wird erstrebenswert durch eine Fliegerstaffel, die synchron über den Sarg donnert und kein Haar einer amerikanischen Familie krümmt. Diese Beerdigung macht sie überhaupt erst stark für den wohl gefährlichsten Flug nach…Russland. Kein intelligenter Mensch folgt lausigen Kampagnen! Welcher Demokrat wünscht also wem genau den Tod?!