Die Spaßgesellschaft in der Transparenz

Die Spaßgesellschaft will Spaß bringen, ist aber nicht mit Wahrheit durchdrungen. Nur so könnte sie auch die Grenzen sehen. Es macht keinen Spaß, wenn andere Menschen vorgeführt werden. Das Fremdouting von Herrn Kerkeling machte keinen Spaß, denn seine Karriere, sein Ruf wurde auf einen öffentlichen Spieltisch geworfen. Herr von Praunheim sprach nicht im Affekt. Heute würde man ihn vielleicht einen Whistleblower nennen. Deutschland liebt Herrn Kerkeling. Er ist der Spaßvogel für die Nation. Rosa von Praunheim wirkte dagegen bitter. Wir werden nie wissen, wie sich Hape Kerkeling selbst geoutet hätte. Das ist schade. Hella von Sinnen fühlte sich vielleicht bestärkt. Die Türen waren geöffnet. Eines Tages outete sie sich. Sie war die lustige Frau, die Chaka-chaka-chaka sang und üppig fantasievolle Kostüme trug. Ihr Outing beförderte sie nicht in eine eigene Sendung. Erst mit Cornelia Scheel, die Frau aus gutem Hause, fand ein weibliches Outing Gehör - bei einem durch und durch ehrwürdigen Publikum. Es machte Spaß, denn immerhin waren auch ihre Eltern Personen des öffentlichen Lebens. In dieser Zeit, ohne Fakenews, wurde das Männerbild de facto ehrlicher gezeichnet. Die Gesellschaft bewunderte den Malboromann in seinen Lederchaps, den unparfümierten Camelmann in seinen verstaubten Boots. Die ritten und fuhren durch Prärien, durch Wüsten. Ihre muskulösen Unterarme wirkten steinern. Die Ärmel ihrer Karohemden waren hochgekrempelt. Sie packten jedes Abenteuer bei den Hörnern. Tom of Finland ist der einzige Mann, der den Malboromann einschüchtern konnte. Seine Kumpels feiern auch heute das alljährliche Folsom Street Fair. Unter diesen Muskeln konnte Mr. Harris Glenn Milstead koexistieren. Nur Tom of Finland, so meine kühne These, hat Divine Schutz bieten können. Divines Freunde verkaufen heute Kosmetikprodukte im Internet. Patrick Starr schminkt Rhianna, Naomi Campbell und auch Kris Jenner. Reiche Männer in den Konzernen haben Spaß daran. Ihre Stärke ist fragil und fragwürdig. Aktien steigen und sinken, Verkaufswerte schießen durch Decken oder durch Böden. Die Zuschauer? Die haben Spaß. Alle haben Spaß. Ich gebe mein Leasingfahrzeug zurück. Der Minderwert eines gebrauchten unfallfreien Fahrzeuges übersteigt den Neupreis. 3000,—€ stehen 26.000,—€ gegenüber. Das unterfordert mich. Es langweilt mich. Ein Gutachter bestätigt das Ergebnis des Autokonzerns. Wenn der nicht mehr bestellt wird, hat er keinen Spaß mehr. Die Versicherung begutachtet den Wagen in einer kleinen Werkstatt, die nur 900,—€ für eine Reparatur berechnete. Die Versicherung meldet sich nicht mehr. Die haben keinen Spaß mehr, wenn der Autokonzern sie exkludiert. Ein Inkassobüro meldet sich. Es fordert 5200,—€, dann bietet es 3.500,—€ an, um später 4.700,—€ zu fordern. Die Inhaber haben Spaß. Beim Amtsgericht tritt das Inkassobüro als Gläubigerin auf, die plötzlich nur noch 2.800,—€ fordert. Spaß verliert bereits hier die Übersicht. 200,—€ fallen unter den Tisch. Eine öde Zähflüssigkeit spamt meinen beruflichen Alltag. Der Richter kann in zwei völlig differierenden Gutachten und fünf differierenden Summen keine Auffälligkeit entdecken. Er sagt süffisant lächelnd: "Ich habe ja gelesen, dass es Ihnen um Ihre Freiheitsrechte geht." Geschrieben hatte ich das in meiner Klageerwiderung nicht! Vielleicht hätte ich mich stärker schminken müssen. Die Anwälte mögen es mir verzeihen. Das Amtsgericht bietet mit einer Klage auch die Verteidigung ohne Anwalt an. Anders kann ich keine Erfahrungen sammeln. Das süffisante Lachen des Richters zeigte: "Ich habe hier meinen Spaß." Der Autokonzern hat meinen gesamten Vertrag verkauft, nebst Kontodaten, Daten meines Personalausweises, Daten meiner Gewerbeanmeldung. Männer haben immer Spaß und verlieren dann den Überblick. Sie sagen: "Hey, hab mal Spaß. Lach mal. Wir sind so reich! Chill mal." Jener Autokonzern schrieb später, dass er das Summenspiel nicht erklären kann, weil er nach dem Verkauf nicht mehr involviert war. Mitläuferinnen unterschreiben jeden Brief. Der Arbeitsplatz bringt ihnen Spaß. Ich schreibe das bewusst in laufenden Verfahren. Denn Neutralität ist unbeugsam, unumstößlich, nicht wahr?! Das Finanzgericht spricht seit 5 Jahren kein Urteil. Es macht Spaß, den Weg zum EuGH zu versperren. Das Verwaltungsgericht spricht seit 2 Jahren kein Urteil. Das GEZ-Ratespiel, das mein Geschäft zur bewohnten Wohnung erklärt, macht Ihnen Spaß. Ich vermisse den Camelmann in seinen Boots. Er hatte Instinkt und war wirklich gechillt. Ich vermisse den Malboromann. Er war zielsicher und weitsichtig. Ich vermisse Tom of Finland. Er ließ die Gesellschaft in einen Spiegel sehen, der nicht nur angenehm war. Alle drei Protagonisten waren nicht käuflich. Man konnte sie nicht beugen. Sie waren durchdrungen von ungezügelter Freiheit. Frauen arbeiten für Konzerne. Sie arbeiten für eine fragwürdige Regierung. Sie decken den Spaß - wie eh und je. Pippi Langstrumpf hatte rote Zöpfe und saß auf einem Pferd. Sie trug einen Affen auf der Schulter. Das langweilte mich schon als Kind.