Der letzte Tag

Der letzte Tag eines Jahres. Dieses Jahr geht seinem Ende entgegen. Die Bilanz, die Inventur musste gemacht werden, jeder Unternehmer weiß das. Trauernde wissen, dass das folgende Jahr gänzlich anders werden wird. Die große Unbekannte. Befürchtungen kommen auf. Wünsche tauchen mit den ersten Böllern auf. Die bösen Geister sollen mit Knallern und Raketen vertrieben werden - so der einstige Brauch. Wir schaffen leicht eine Art oder Unart ab; und wir füllen die Lücke nicht. Das Jahr 2020 bleibt für mich ein schockierendes Jahr. Ich habe Politiker ganz neu sehen können. Eine Krise verändert nicht nur den Blick. Sie gibt Einblick. Mich schockiert nachhaltig, dass sich Ost und West noch immer nicht versöhnen konnten. Nach 31 Jahren haben wir noch immer eine ehemalige DDR, die wir nicht Deutschland nennen wollen oder können. Der Kanzlerin, eine gefeierte Frau, ist es nicht gelungen, Ost und West zu verbinden. 31 Jahre nach Mauerfall haben wir Ostlöhne und Westlöhne. Wir haben also unterschiedliche Steuerfreibeträge. Journalisten finden das okay. Ich nenne das schlechte Führung, die unterstellt, dass ich damit einverstanden bin. Ich bin es nicht. Menschen aus der ehemaligen DDR sollten nicht traurig sein. Sie sollten nicht verärgert sein. Sie sollten sehen, dass Politik ein gefährliches Spiel spielt. Heute geht es um Geimpfte und Ungeimpfte. Die Geimpften sollen Privilegien genießen! Dieser Satz ist schlimmer als Corona! Allerdings zeigen Politiker ihr Gesicht. Wir könnten, wie in dem Film >Die Welle<, ein G in Ausweise drucken. Wir könnten ein U in Ausweise drucken. Wir werden uns wundern, wie schnell die G's Oberwasser bekommen. Wir werden uns nicht darüber wundern, wie tief die U's versinken werden. Die Tischreservierung in einem Nobelrestaurant fällt flach. Diese Erfahrung möchte kein Mensch machen. Ich schäme mich im Jahr 2020, Hochzeit der Aufklärung, Hochzeit der Transparenz, für Politiker, die ihr Handwerk so wenig verstehen, dass sogar Richter öffentlich sagen: "Die Regulierungen gehen zu weit." Bravo und Danke. Gut gemacht! Das nächste Jahr wird ein sonniges Jahr. Ich selbst habe die Zeitschrift Gartenfreund für den Pulitzerpreis vorgeschlagen (Der Verleger József Pulitzer stammt übrigens aus Ungarn). Die Journalisten sind bei dem Thema geblieben, das ihre Leserschaft interessiert: Mensch und Natur. Stadt und Grünflächen. Gesundheit und Atemwege. Ich habe gelernt, dass das Aussterben jeder Pflanze auch das Aussterben einer lang gehegten Kultur bedeutet. Ich habe viel über den Klimawandel gelernt. Nicht nur Gärtner kämpfen. Die Journalisten finden immer wieder jene Politiker, die selbst schlechteste Politik kritisieren. Der Gartenfreund ist nie polemisch. Er diffamiert nicht. Er hat sich den Auflagenjargon nicht angeeignet. Der Tod war immer da. Das Sterben war auch immer anwesend. Vor 35 Jahren war nichts besser. Wir waren alle durch eine Mauer getrennt. Es gab immer Krankheiten. Es gab immer Tote. Es gab immer Ungerechtigkeit. Kleingeistige Politiker dürfen uns nicht mit einem G und einem U trennen. Diese sogenannten Privilegien fördern Gegnerschaft, Unfrieden, Streit und Hass. Im Jahr 2021 sind wir besser. Wir sind besser als Politiker. Wir sind nicht nur Geimpfte und Ungeimpfte. Ich werde heute um 0.00 Uhr mein Glas auf alle Menschen in Ost und West heben. Ich werde auf Euch alle prositen. Ich hoffe, dass die Traurigen gute Gedanken hegen und schöne Ideen aushecken. Wir alle gehen nicht als politische Anhängsel. Wir gehen mit Stil ins Jahr 2021.